Kirche „Heiliger Geist“ Weinböhla

Entstehung / Kirchweihe

Einblick in die Kirche „Heiliger Geist“ Weinböhla  

(aus der Chrinik von Pfarrer Franz Pospich )
Im Herbst des Jahres 1946 wurde ich aus meiner schlesischen Heimat verwiesen und kam zufällig nach Weinböhla, einem größeren Vorort von Dresden, der etwa 12.000 Einwohner hat und bereits im Kreis Meißen liegt. Da Weinböhla zur katholischen Pfarrgemeinde Coswig gehört, besuchte ich den dortigen Ortspfarrer Johannes Maier. Er sah die durch den ständigen Zustrom von Ostflüchtlingen bedingte neue Entwicklung seiner Gemeinde voraus und übergab mir die religiöse Betreuung der Katholiken von Weinböhla, Niederau und Oberau. Kurze Zeit darauf wurde ich vom bischöflichen Ordinariat Meißen zum Lokalkaplan in Weinböhla ernannt.In einer evangelischen Friedhofskapelle hielt ich den ersten Sonntagsgottesdienst in Weinböhla. Einige einheimische Katholiken waren da; alle anderen waren Flüchtlinge. Sie hatten gehofft, wenigstens im Gotteshaus etwas heimatliche Geborgenheit zu finden. Überall umgab sie ja sonst die schreckliche Fremde. Aber sie sahen sich bitter enttäuscht. Alles war auch hier so eng und fremd; so ganz anders als in den schönen Kirchen und Wallfahrtsorten unserer Heimat. Unwillkürlich wurde das Heimweh wach, und lautes Schluchzen erfüllte den ganzen Raum. Ich versuchte, einige Worte des Trostes zu sprechen. Aber es gelang mir kaum. Von all dem Leid war ich selbst zutiefst erschüttert, und das Heimweh nach meiner Pfarrkirche und Gemeinde blutete so schmerzlich auch in mir.In dieser primitiven Friedhofskapelle hielten wir nun täglich Gottesdienst. Sonntags feierten wir zweimal das heilige Opfer. Inzwischen wurden immer neue Ostvertriebene angesiedelt. Die Friedhofskapelle war längst viel zu klein geworden. Ein großer Teil der Gläubigen musste vor der Tür stehen. Sie konnten weder den Altar sehen noch die Predigt hören. Stattdessen wurden sie von vorübergehenden Friedhofsbesuchern angegafft und ausgelacht. Im Winter war diese Kapelle wie eine Eisesgruft so kalt. Bei der großen Not an Nahrung und Kleidung war die Kälte kaum zu ertragen.So gingen wir auf die Herbergssuche und erhielten die Erlaubnis, an Sonntagen vormittags in einem Kino Gottesdienst zu halten. In der Friedhofskapelle war wenigstens noch ein Beerdigungskreuz und ein kleiner Altar. Der düstere Kinoraum war bedeutend größer, hatte aber überhaupt kein christliches Gepräge. Hier konnten wir nicht Heimat in Gott finden. So baten wir den evangelischen Pfarrer um Hilfe. Er stellte uns gern seine Kirche an den Sonntagen für die Zeit von 7 – 8 Uhr morgens zur Verfügung, da nachher evangelischer Gottesdienst gehalten wurde. Die Kirche war schön groß. Eine klangvolle Orgel begleitete unsere heimatlichen Lieder. Aber bald schon spürten es unsere Gläubigen: es fehlt das Herzstück des katholischen Gotteshauses, der Tabernakel mit dem ewigen Lichte. Groß und breit standen die Bilder von Luther und Melanchton da. Unseren armen Flüchtlingen wäre ein Bild der Gottesmutter lieber gewesen. Zudem erwies sich die Gottesdienstzeit im Winter für den Kirchenbesuch als sehr ungünstig. Viele ältere Gläubige konnten zu dieser frühen Morgenstunde, wo alles noch dunkel war, bei Schnee und Glatteis auf den Straßen nicht kommen.Die Zahl der Gläubigen war inzwischen auf fast 2000 gestiegen. Längst schon hatten wir in Oberau, einige Kilometer von Weinböhla entfernt, eine Außenstation errichtet, wo an allen Sonntagen nachmittags in der evangelischen Kirche das heilige Opfer gefeiert wurde. Aber auch das bedeutete keine ausreichende Lösung der immer größer werdenden Schwierigkeiten.Immer größer wurde auch die Sorge um die religiöse Betreuung der Jugend. Die Zahl der katholischen Schulkinder war auf 200 gestiegen. „Wir wollen ja gern den Glauben unserer Heimat bewahren“, erklärten mir immer wieder die besorgten Eltern, „aber um unsere Kinder machen wir uns Kummer, dass sie religiös hier nicht verkommen“. Mit diesen Befürchtungen haben die Eltern nur allzu sehr Recht, denn die Jugend wird heute hier absolut nur im Geiste des dialektischen und historischen Materialismus erzogen. In meiner eigenen Wohnung konnte ich unmöglich Religionsunterricht erteilen. Ich hatte ja nur ein kleines Dachstübchen angewiesen bekommen, das gleichzeitig als Wohnzimmer, Schlafzimmer und Küche diente. Anfangs konnte ich noch in einem Klassenzimmer der Volksschule Religionsunterricht erteilen. Bald reichten jedoch die Klassenzimmer für den Schulunterricht nicht aus, und wir mussten anderweitig ein Unterkommen suchen.Der evangelische Pfarrer gestattete mir, wöchentlich einmal an einem Nachmittag Kinderseelsorgestunden in seinem Konfirmandenzimmer zu halten. Doch bald schon wurde dieser Raum für den evangelischen Religionsunterricht gebraucht, und wir mussten uns wieder nach einem anderen umsehen. Sechsmal mussten wir so „umsiedeln“ bis wir schließlich in einem viel zu großen Fabrikraum untergebracht wurden. Auch hier konnten wir nicht lange bleiben. Alle unsere Bemühungen um ein Heim für unsere Jugend blieben erfolglos. Wir wussten nicht mehr wohin. Wir waren am Ende unserer Kräfte. Umso eifriger nahmen wir unsere Zuflucht zur lieben Gottesmutter. Täglich beteten wir den Rosenkranz.Das Heilige Jahr brachte uns als überaus kostbares Gnadengeschenk eine eigene Kirche, ein eigenes sonniges Jugendheim und eine geräumige Geistlichen-Wohnung.In Weinböhla liegt, von einem Park umgeben, eine stille, einsame Anhöhe. Ein Aussichtsturm steht darauf. Von hier hat man einen geradezu herrlichen Blick auf das schöne Elbtal und die 1000-jährige Stadt Meißen mit ihren hochragenden, altehrwürdigen Domtürmen. Bei gutem Wetter kann man über das Trümmerfeld Dresden hinweg bis nach der „sächsischen Schweiz“ schauen. „Balkon von Weinböhla“ nennt der Volksmund dieses schönste Stück Erde ringsumher. In unmittelbarer Nähe des Turmes steht ein Gaststättengebäude, die „Schweitzerhöhe“ mit einem Gesellschaftssaale, groß genug für 500 Menschen. Durch das Gnadengeschenk des Heiligen Jahres war es uns möglich, die „Schweitzerhöhe“ mit Turm und Park käuflich zu erwerben.Am Palmsonntage konnten wir bereits feierlichen Einzug und den ersten Gottesdienst im Saale halten. Eine unvergesslich schöne Stunde! Für die einheimischen Katholiken war das die Erfüllung einer jahrzehntelangen Sehnsucht. Sie wollten schon früher eine Kapelle bauen und hatten dafür eifrig und freudig gesammelt. Aber alle ihre Ersparnisse waren durch die Währungsreformen der beiden Weltkriege verfallen. Unbeschreiblich glücklich und froh waren auch die Flüchtlinge. Wie beim ersten Gottesdienst in der Friedhofskapelle so weinten sie auch beim ersten Gottesdienst auf der „Schweitzerhöhe“. Diesmal aber weinten sie nicht vor Heimweh, sondern vor Freude und tief erlebter Dankbarkeit darüber, dass sie nun wenigstens für ihr religiöses Leben eine Heimat gefunden haben. In jubelnder Begeisterung brauste es durch den Saal „O lass im Hause dein uns all geborgen sein“.Am Sonntage des guten Hirten war es, abends 9.30 Uhr. Draußen regnete es unaufhörlich. Wir hielten in dem geräumigen Gastzimmer, das uns jetzt als Jugendheim dient, unsere erste Caritasversammlung. Da stand auf einmal unser hochwürdiger Oberhirte Bischof Petrus Legge vor uns. Von einer Firmungsreise war er gekommen und wollte die Schweitzerhöhe besichtigen. Er freute sich herzlich über alles und nahm an unserer Freude so lebendig Anteil, dass er uns für die Ausstattung unseres neuen Gotteshauses einige liturgische Gefäße, Gewänder und Kirchenwäsche versprach. Großzügig und getreu hat er dieses Versprechen gehalten. Nun ist er in die Ewigkeit gegangen. In schuldiger Dankbarkeit beten wir für ihn.Das Gnadengeschenk des Heiligen Jahres gestattet uns sogar, den Gesellschaftssaal zu einem schönen Gottesdienstraum umzugestalten. Nicht leicht war es, das notwendige Baumaterial zu beschaffen. Fast alles ist bewirtschaftet. Ein Freigabeschein ist nur sehr schwer zu bekommen. Noch schwerer war es, die Baugenehmigung zu erhalten. Doch tatkräftige und gewandte Helfer standen mir in aufrechter Freundschaft treu zur Seite. So konnte der Umbau bereits im Juli beginnen. Wir entfernten zuerst die drei Theaterbühnen des Saales und sahen darunter Felsgestein. Da kam uns zu Bewusstsein, dass die ganze Anhöhe aus einem Felsen besteht. Das war eine Freude! Jubelnd kam es aus dem Herzen der Jugend, der ganzen Gemeinde: „Du bist Petrus, der Fels. Und auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen. Und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen“. Unsere Liebe, Treue und Dankbarkeit zum lebendigen Petrus im Vatikan kannte keine Grenzen mehr. Seit dieser Zeit nennen wir uns mit Stolz „Seelsorgestation Pius XII.“.Dem Heiligen Vater zuliebe bauen wir in einem fast ganz protestantischen Lande, das jetzt von einem gottlosen Materialismus überflutet wird, einen Stützpunkt für katholisches Christentum. Das war der zündende Gedanke, der uns alle beseelte. Mit besonderem Eifer half die Jugend beim Umbau. Nach Feierabend kamen unsere Jungmänner und Jungmädel meistens unmittelbar aus ihren Arbeitsstätten und arbeiteten mit hungrigem Magen oft bis in die Nacht hinein. Es fiel mir schwer, sie dann ungespeist zu entlassen.Herr Dr. Ottfried Müller war inzwischen von der Hauptstelle des Bonifatius-Vereins in Magdeburg als Dozent für Dogmatik nach dem Albertus Magnus-Kolleg in Königstein gekommen. Er sandte sofort drei große Speckpakete. Das spornte die Begeisterung der Jugend noch mehr an. Als Maurer und Hilfsarbeiter waren größtenteils katholische Flüchtlinge mit viel Liebe und großem Fleiße tätig. Der hochwürdige Vizepräsident des Bonifatius-Vereins, Prälat Gabriel, schickte uns aus Paderborn reichlich echten Firniss. Er half mir dadurch aus einer großen Notlage. So ging die Arbeit schnell voran. Sonntags hielten wir „Feldgottesdienst“ auf der großen, lichten Waldwiese neben dem Turme.Noch konnten wir nicht an die innere Ausstattung unserer Kirche denken, da hatte bereits Herr Pfarrer Dr. Just aus unserer Nachbargemeinde Radebeul daran gedacht. Er übereignete uns einen sehr guten Druck der sixtinischen Madonna. Dieses feierlich-ernste Marienbild ist nun das Altarbild unserer Marienkapelle geworden. Täglich beten wir dort vor der hl. Messe in Dankbarkeit den Rosenkranz für unsere Wohltäter. Täglich brennen Kerzen dort beim Gottesdienst. Die Gläubigen opfern sie selbst wie früher in der alten Heimat. Und mit den Kerzen bringen sie all ihre Anliegen dorthin und finden Trost und Erhörung. Hier finden sie auch wirklich Heimat. Denn hier wird die Liebe zu unserer himmlischen Mutter in ihnen wach. Heimat aber ist Mutterliebe.Während der Bauzeit stellte uns Herr Dr. Just noch ein zweites Bild aus seinem Privatbesitz zur Verfügung. Es zeigt den Hl. Bernhard, wie er unter dem Beistand der Gottesmutter zum Kreuzzuge aufruft. Es stammt aus dem Jahre 1742 und ist von Scheffler, einem Willmann-Schüler, gemalt. Groß und majestätisch beherrscht es jetzt die den Fenstern gegenüberliegende Wand. Wir lieben alle dieses farbenfreudige Bild so sehr, weil es uns an die herrlichen Barockkirchen unserer Heimat erinnert und unserer neuen Kirche so, recht heimatliches Gepräge gibt. Schon früher hatte uns Herr Pfarrer Dr. Just Originalabdrücke der weltberühmten Kanzelreliefs aus der Schlosskirche zu Wechselburg versorgt. Sie werden ihre gute Verwendung finden, wenn wir dazu kommen, in der anderen Seitenkapelle einen heiligen Geist-Altar zu errichten. Zwei kernkatholische Familien, die aus Rheinland/Westfalen stammen und hier eine Möbelfabrik besitzen, stifteten das Altarkreuz mit Tabernakel, die Kommunionbank, eine Anzahl Kirchenfenster, zwei Kirchtüren und eine Liedertafel. Sie haben sich damit in schwerster Zeit ein herrliches Denkmal für die Zukunft gesetzt. Uns haben sie aus großer Bedrängnis geholfen. Möge Gott dieses gute Werk ihnen und ihren Kindern tausendfach lohnen. Diese beiden Familien haben auch ihre selbstlose Hilfe bei der Abfertigung der Kirchenbänke zugesagt.All diese großzügigen Spenden spornten die ganze Gemeinde zu immer größerer Gebefreudigkeit an. Die Not ist hier überall groß. Noch größer ist die Geldknappheit. Die Gläubigen sind fast alle sehr arm. Sie sind ja größtenteils Flüchtlinge. Und dennoch opferten sie immer wieder gern, was irgendwie in ihren Kräften stand. Öfters brachte uns unser guter Herr Pfarrer Maier recht ansehnliche Beträge, die er in seiner Pfarrkirche in Coswig zur Ausstattung unseres neuen Gotteshauses gesammelt hatte. Der offenherzigen, brüderlichen Zusammenarbeit mit ihm haben wir sehr viel zu verdanken. Stets stand er uns hilfsbereit mit Rat und Tat zur Seite.Als Ende November unsere Sorgen und Mühen um das gute Gelingen ihren Höhepunkt erreicht hatten, da durften wir auch unsere größte Freude erleben. Der Generalvorstand des Bonifatius-Vereins Paderborn übersandte uns einen Kelch und eine Monstranz, die der Heilige Vater gespendet hatte. Wir sind überaus glücklich auch über diesen doppelten Erweis der treusorgenden Liebe seiner Heiligkeit. Inständiges Gebet soll unsere oberste Dankespflicht sein. Wunderschön sinnreich ist an dem Kelch als Verzierung das Symbol der Kirche dargestellt „Der Weinstock und die Reben“. Wie gut passt doch gerade dieser Kelch für unsere neue Kirche in Weinböhla. Die Monstranz zeigt in goldener Verzierung den Heiligen Geist, wie er bei der Weltschöpfung über den Wassern schwebt. Als wir sie in heller Freude und Dankbarkeit immer wieder betrachteten war es uns, als ob damit der Heilige Vater in feinsinniger Weise uns sagen wolle, wir sollten in dieser Zeit eines geistlosen Materialismus das Gotteshaus und die ganze Seelsorgestelle unter den besonderen Schutz des Heiligen Geistes stellen. Das haben wir auch getan, als am letzten Tag des Heiligen Jahres die feierliche Benediktion stattfand. Es lässt sich nicht beschreiben, wie groß und gewaltig die Freude, der Jubel und die Dankbarkeit zum Heiligen Vater und zu all unseren Wohltätern gewesen ist, als wir nach dem Leviten-Amt das „Großer Gott wir loben dich“ sangen. Keiner, der dabei gewesen ist, wird wohl jemals diesen größten Tag in der Geschichte der Pfarrei Coswig und unserer Seelsorgestelle Pius XII. vergessen können.Der ungläubige und andersgläubige Teil der Bevölkerung ist sehr erstaunt über die Errichtung der Seelsorgestelle. Man wundert sich, dass das in der heutigen Zeit überhaupt möglich ist. Auf ungläubiger Seite äußerte man sich: „Es wäre Zeit, dass aus Kirchen Gasthäuser werden. In Weinböhla ist es umgekehrt“. Auch wohlwollende Stimmen werden laut: „Lasst doch die Katholiken! Nehmt euch ein Beispiel an ihnen“. Zwei Tageszeitungen der CDU brachten einen längeren leider etwas politisch gefärbten Artikel. Der Leipziger Rundfunk berichtete davon. Evangelische Christen bewundern besonders unseren zahlreichen Gottesdienstbesuch, unser einheitlicheres Zusammenhalten und unsere Opferfreudigkeit. Allgemein ist festzustellen, dass das Ansehen des Katholizismus dadurch sehr stark gewachsen ist.Die seelsorglichen Auswirkungen sind überaus segensreich. In ungeahnter Weise ist der Gemeinde die Liebe, Treue und Dankbarkeit zum Heiligen Vater lebendig geworden. Wir wissen ja alle was wir ihm zu verdanken haben. Schon wenn die Gläubigen das Gotteshaus betreten, erblicken sie über dem Eingang als Wappen zwei große Schlüssel, wie sie an der Titelseite des Berichtes ersichtlich sind, und ihre Gedanken eilen „Zu dem, der die Schlüssel des Himmelreiches trägt und den sich Gott zum Hirten der Völker hat bestellt“. Wenn sie bei der hl. Wandlung sehen wie in seinem Kelch das kostbare Blut unseres göttlichen Heilandes oder wenn bei der Segensandacht zur hl. Hostie in seiner Monstranz aufschauen, steigen inständige Gebete für ihn zum Himmel empor. Beim eucharistischen Heiland hat die Gemeinde hier in unserer Kirche wirklich Heimat gefunden in Gott. Sie nimmt bedeutend zahlreicher als früher am Gottesdienst und Sakramenten-Empfang teil. Auch Katholiken, die früher religiös lau und gleichgültig waren, kommen jetzt immer häufiger.Ganz besonders wirkt sich die Errichtung der Seelsorgestelle für die Jugend vorteilhaft aus. So treu und gern kamen die Kinder noch nie zum Religionsunterricht und zu den Gruppenstunden wie jetzt, wo sie ihr eigenes sonniges Jugendheim haben, hier lässt es sich ganz anders beten und singen und fröhlich sein. Hier sind ihre Herzen viel mehr aufgeschlossen für die erhabenen Wahrheiten unseres katholischen Glaubens als früher in fremden, nüchternen Räumen. Auch für die Jugend der ganzen Umgebung bedeutet die hiesige Seelsorgestation einen großen Gewinn. Oft schon waren Kinder und Jugendgruppen aus Meißen und den verschiedenen Gemeinden aus Dresden hier. Sie besteigen zuerst den Aussichtsturm. Dann halten sie eine zackige Gruppenstunde im Jugendheim oder im Freien. Nach einer kurzen Andacht in der Kirche kehren sie fröhlich wieder zurück. Unvergesslich schöne Stunden voller Romantik hat auch die heranwachsende Jugend aus der Umgebung an manchem Gruppenabend am offenen Lagerfeuer auf der Wiese neben dem Turm erlebt. Über uns die leuchtenden Sterne, unter uns die Niederungen der Menschen, um uns das Schweigen der Nacht, und vor uns das flackernde Feuer! Wie schön lässt sich da die Sehnsucht der Jugend nach allem Hohen und Heiligen entfachen zu lodernder Flamme.Oft schon waren Einkehrtage besonders für die Jugend der Pfarreien aus Dresden hier. Einkehrtage für Knaben, für Mädchen, für Jungmänner, für Jungmädchen, für Schulentlassene (Knaben und Mädchen). Die Teilnehmerzahl beträgt durchschnittlich 60-80. Am Sonntag, dem 03. Juni 1951 waren 300 Kolpingsöhne hier. Einen Sonntag später hielten die Jugendhelferinnen der Diözese Meißen und des Görlitzer Anteils der Erzdiözese Breslau hier Einkehrtag. Am 20. Juni hielt der hochwürdige Herr Probst Sprentzel für 180 Caritashelferinnen aus Dresden einen Einkehrtag. Am 17. Juli ist Einkehrtag der Caritashelferinnen des Dekanats Meißen. Allmonatlich tritt hier einmal das religiöse Bildungswerk zusammen. Es werden Themen behandelt wie: „Der Schöpfungsbericht im Lichte der modernen Naturwissenschaft“, „Christentum und Materialismus“, „Christentum und Sozialismus“, „Die soziale Frage im Sinne der beiden Enzykliken Rerum novarum und Quadragesimo anno“. Ein Wissenschaftler aus unserer Gemeinde, der in diesem Sinne mutig und erfolgreich in der ganzen DDR tätig ist, hält meistens die Vorträge. Anfangs konnten wir noch im Jugendheim tagen. Jetzt reicht der Kirchenraum kaum zu, so interessant und geistvoll weiß er die Abende zu gestalten. Sehr aufgeschlossen zeigen sich die Gläubigen in ihrer Dankbarkeit, dass sie nun auch den christlichen Standpunkt zu den modernen Gegenwartsfragen kennenlernen. Unter dem Motto „Maria breit den Mantel aus“ werden in den großen Ferien hintereinander religiöse Werkwochen mit Kinderspeisung für Kinder aus Coswig, Weinböhla und einer Pfarrei aus Dresden gehalten. Zusammenfassend kann man sagen: „Die neuerrichtete Seelsorgestelle ist tatsächlich zu einer religiösen Bildungsstätte für die ganze Umgebung geworden“.Abschließend sei noch der Jugendbekenntnistag des vorigen Jahres erwähnt. Die Kirche war längst nicht fertig. Das Jugendheim konnte noch nicht vorgerichtet werden. Aber die Jugend unseres Dekanats Meißen war einfach nicht zu halten. Der Bezirksjugendtag des Heiligen Jahres sollte in Weinböhla gehalten werden. Am Abend zuvor hatten unsere Jungmänner in tatenfroher Begeisterung hoch oben an dem Aussichtsturm unsere Jahreslosung angebracht: „Christus unser Friede“. Am nächsten Morgen kamen frühzeitig die Jungmädel und Jungmänner mit Bannern und Wimpeln schon zu Hunderten aus allen Pfar- reien des Dekanats herbeigeströmt. Der feierliche Jugendgottesdienst wurde als Feldgottesdienst auf der Wiese neben dem Turm gehalten. Nach dem Frühstück wurden in kleinen Arbeitskreisen im Freien religiöse Gegenwartsfragen behandelt. Dann war gemeinsames Mittagessen. In den Nachmittagsstunden fand in der halbfertigen Kirche ein gut gelungener „Sängerwettstreit auf der Schweitzerhöhe“ statt. Die Chorgruppe von Meißen erhielt den 1. Preis. Am Abend wurde von unserer Weinböhlaer Jugend das Laienspiel „Der Totentanz“ recht lebendig und eindrucksvoll aufgeführt. Gerade hier in der Diaspora, wo die einzelnen Pfarreien mit ihren Jugendgruppen so weit voneinander getrennt sind, ist ein gemeinsames religiöses Erleben für die Jugend von großer Bedeutung. Es verleiht Glaubensmut, Glaubenskraft und Glaubensfreudigkeit. Meisterhaft verstand es unser Dekanatsjugendseelsorger, Herr Pfarrer Maier aus Coswig, den Bezirkstag zu einem gewaltigen religiösen Erlebnis in diesem Sinne und zu einem imposanten Treuebekenntnis zum Heiligen Vater zu gestalten. Hier konnte sich die Jugend selbst mit eigenen Augen von der treusorgenden Liebe seiner Heiligkeit zu uns Katholiken in der Diaspora der Ostzone überzeugen.Im Namen der ganzen Gemeinde und besonders der Gläubigen der Seelsorgestation Pius XII. in Weinböhla sowie auch in unserem eigenen Namen sagen wir dem Heiligen Vater, dem Bonifatius-Verein, dem Bischöflichen Ordinariat Bautzen und allen unseren Wohltätern nah und fern in tiefempfundener Dankbarkeit ein recht herzliches „Gott vergelt‘s“ für das überaus segensreiche Gnadengeschenk des Heiligen Jahres. 
Weinböhla, am Feste Peter und Paul 1951.Pfarrer Franz Pospich